In Folge des hohen Wohnungsbedarfs in der Nachkriegszeit wurden zahlreiche Wohnungen in serieller und zeitsparender Betonfertigteilbauweise erstellt. Viele dieser Siedlungen weisen inzwischen einen hohen Sanierungsbedarf auf, sind mit sozio-kulturellen Ressentiments belegt und sind aufgrund der städtebauliche Struktur der Zeilenbauweise von undefinierte Abstandflächen geprägt. Gleichzeitig weisen diese meist ungenutzten Grünflächen ein hohes Potential auf. Eine exemplarische Siedlung ist die ab 1963 erbaute „Wohnstadt Waldau“ in Kassel mit 2000 Wohnungen und insgesamt ca. 7000 Einwohner*innen. An diesem Standort und basierenden auf den zuvor beschrieben Problematiken soll eine Überdachung mit minimalem CO²-Fußabdruck entstehen, die im Gegensatz zu üblichen Sanierungsmaßnahmen zur Wärmedämmung mit minimalen und nachhaltigen Materialeinsatz dieselbe Wirkung erfüllt. Darüber hinaus soll das EcoCanopy ein soziales und ökologisches Mikroklima schaffen, neuartige Freiräume entstehen lassen und das nachbarschaftliche Miteinander fördern. Ziel des Entwurfsprojekts ist der Entwurf einer Überdachung bis ins konstruktive Detail unter Einbeziehung städtebaulicher und sozialer Fragestellungen.
Das System von the voxel garden basiert auf zwei übereinander lagernden Rastern von 3x3 und 0,5x0,5 Metern. Die neuen Nutzungen für den Ort ordnen sich in das 3-Meter-Raster ein und verteilen sich zunächst willkürlich über dem Standort und sortieren sich schließlich nach folgenden Kriterien:
- Welche Nutzungen können nebeneinander existieren und funktionieren?
- Welche Flächen werden für die Nutzung benötigt?
- Welche Teile des Standorts sind privater und welche öffentlicher Natur?
Im nächsten Schritt werden die 2-dimensionalen Flächen der Pixel durch das schaffen einer dritten Dimension zu Voxeln und beginnen damit, sich neu zu sortieren und zu stapeln. Im letzten Schritt werden die nicht-erschließbaren Höhen der Voxel durch ein Wegesystem erschließbar gemacht.
Auf der zweiten Grafik lässt sich erkennen, dass sich die privaten (pink) Bereiche und Nutzungen hauptsächlich nach oben verlagern und sich nahe am Bestand und den Balkonen orientieren. Die öffentlichen (blau) Bereiche befinden sich im Bereich der Erschließung der Gebäude und auf dem "Platz" zwischen den Gebäuden.
Das gewählte Material der tragende Konstruktion ist Bambus. Alle anderen, neue Elemente wie Wände, Decken und Böden bestehen aus Holz.
Bambus lässt sich in der Höhe und Länge flexibel verwenden. Ebenso bietet das Material die Möglichkeit, temporäre Konstruktionen zu errichten, die einfach und schnell auf- und abgebaut werden können. Die Bambusstützen mit einem Durchmesser von 10 Zentimetern sind zwischen 3 und 15 Metern lang und lassen sich durch Bolzen einfach miteinander verbinden. Demnach wäre es möglich, den Nutzern den Aufbau, die Erweiterung und/oder den Abbau zu überlassen oder zumindest einen Teil der Verantwortung auf sie zu übertragen und sie in das Konzept zu integrieren. Zudem werden die Stützen auf Schraubfundamenten befestigt, sodass die Konstruktion maximale Flexibilität erreicht.
Die vor den Bestand gestellten Balkone werden nicht mit dem Gebäude verbunden, sondern von der Bambuskonstruktion getragen. Die einzige Verbindung bildet ein Blech, welches den etwa 2 Zentimeter breiten Spalt zwischen Bodenplatte der Balkone und des Bestandes abdeckt.
Zudem löst sich die Konstruktion auch in seiner Dimension von den Bestandsgebäuden und schließt nicht bündig mit den Gebäudekanten ab, um eine klare Trennung erkennbar zu machen.
Das System lässt sich ganz flexibel nutzen. Einen großen Teil des Konzepts bilden die Urban Gardening Bereiche, die nicht bloß von den Bewohnern der Bestände oder der Menschen in der Nachbarschaft genutzt werden können, um eigenes Gemüse oder Obst anzubauen, sondern auch für Dauerblüher, die neue Lebensräume für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten schaffen sollen. Die Grafik zeigt mögliche Nutzungsweisen der Urban Gardening-Voxeln und Pflanzen, die sich besonders gut für Bienen und Schmetterlinge eignen.
Zudem lässt sich erkennen, wie die Systeme darüber hinaus einen Mehrwert in Punkto Sicht- und Sonnenschutz bieten kann und das weitere Aufenthalts- und Anbauflächen in den höheren Ebenen generiert werden können. Diese lassen sich ganz einfach über ein Wegesystem aus 1,5 Meter breiten Stegen erreichen.