Projekt Bachelor: WiSe 2023/24
Fachgebiet: Tragwerksentwurf
Perspektive Stadtmöbel Cycle For Future

1,5 Grad Celsius – höher soll sich die Erde durch den Klimawandel nicht erhitzen. Der Umstieg vom MIV zum Fahrrad ist eine wesentliche Lösung für diese Herausforderung und bietet in Wolfsburg viel Potential. Das Stadtmöbel Cycle For Future schafft hierbei nicht nur neue Motivation für die Fahrradnutzung, sondern erfüllt auch klimatische Verbesserungen. Die Hülle reinigt die Luft von Stickoxiden mittels Photokatalyse und entnimmt CO2 aus der Luft mittels der zukunftsweisenden Direct-Air-Capture-Technologie.

Darüber hinaus wertet das Stadtmöbel durch seine verschiedenen Module die Wolfsburger Radwege auf: Es bietet je nach Bedarf Werkzeug für Pannen und aktuelle Informationen über digitale Anzeigetafeln oder Ladeschließfächer für Akkus. Außerdem ist es Station für das E-Bike-Sharing.

Als Netzwerk über mehrere Standorte verteilt, bildet Cycle For Future den Startpunkt für ein Fahrradleihsystem und den weiteren Ausbau des Radverkehrs in Wolfsburg.

Analyse

Zentrensystem

Wolfsburg gliedert sich in verschiedene Zentren, die zum einen den Bedarf der Bevölkerung an täglichen Dienstleistungen und Angeboten darstellen, zum anderen die am stärksten frequentierten Orte des Verkehrs für Berufspendler:innen. Signifikant sind in dieser Hinsicht das VW-Werk und die Innenstadt, aber auch zukünftige, größer werdende Stadtteile wie Nordsteimke / Hehlingen spielen für die Standortwahl eine Rolle.

Radwegenetz

Das Hauptroutennetz ist vor allem dem täglichen Berufs- und Alltagsradverkehr gewidmet und wurde in den letzten Jahren sukzessive ausgebaut. Radschnellverbindungen sind hierbei mit zunehmender E-Mobilität besonders wichtig. Um den Komfort auf diesen Strecken zu steigern, muss die technische Infrastruktur weiter ausgebaut und Bike-Sharing-Angebote wieder aufgenommen werden.

ÖPNV

Im Modal Split ist erkennbar, dass der ÖPNV in Form von Bussen und Zügen nur von wenigen BürgerInnen genutzt wird. In Wolfsburg gibt es neben dem Hauptbahnhof noch einen weiteren Bahnhof in Fallersleben, die beiden Haupt-Stadt-Buslinien verbinden den Südwesten mit dem Norden. Um den ÖPNV weiter auszubauen, muss auch auf den guten Wechsel zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln geachtet und miteinander verknüpft werden.

Automobilverkehr

Wolfsburg ist nicht nur eine Autostadt durch das VW-Werk, sondern auch in der Fortbewegungsart ihrer Bewohner:innen: 60% der Menschen nutzen das Auto (Modal Split 2010). Hinzu kommen ca. 77.000 Einpendler:innen täglich. Das Auto bzw. die Hauptstraßen bilden hierdurch zentrale Lärmquellen, wie der Berliner Ring, über den alle wichtigen Orte in der Stadt erreichbar sind. Eine Maßnahme, die Lärmimmissionen zu senken, stellt die Reduzierung des MIVs dar bei gleichzeitigem Ausbau des Umveltverbunds. Dem Radverkehr kommt hierbei eine zentrale Rolle zu.

Standortwahl

Jeder der ausgewählten 13 Standorte weist andere Charakteristiken auf und damit auch unterschiedliche Bedarfe an Modulen.

Um geeignete Standorte für das Stadtmöbel zu finden, wurden verschiedene Kriterien herangezogen: So sollen sie an ÖPNV-Haltestellen liegen, um den Wechsel auf eine andere Mobilitätsform schnell zu gewährleisten. Hauptarbeitswege und Zentrenfunktion sorgen für Frequentierung. In diese Betrachtung wurde auch miteinbezogen, wo es Planungen für neue Wohnquartiere gibt und der Bedarf an Fahrradinfrastruktur somit steigt. Desweiteren spielt die Luftverschmutzung an Kreuzungen und vielspurigen Straßen eine Rolle. Hier besteht Handlungsbedarf hinsichtlich der Luftqualität.

Bedarfsmatrix der Standorte

Luftreinigung

Luftreinigung
Wirkprinizip der Photokatalyse

So funktioniert die Luftreinigung: Bei der Photokatalyse wird Sonnenlicht genutzt, um chemische Prozesse zu aktivieren. Dabei wird der Katalysator selbst nicht verbraucht.
Elektronen im sogenannten Valenzband werden über UV-Strahlung angeregt und überwinden die Bandlücke, sodass sie ins Leitungsband gelangen. Im Valenzband erzeugen sie dabei positive Löcher. Diese Elektron-Loch-Paare zeichnen sich durch ein hohes Redoxpotenzial (Maß für die Reduktions- bzw. Oxidationskraft) gegenüber organischen Substanzen aus. Durch diese Reaktion entstehen Radikale an der Oberfläche, die dann Schadgase wie Stickstoffdioxid, Stickstoffmonoxid oder Kohlenmonoxid aus der Luft entfernen.

Phasen der CO2-Filterung

Bei der Photokatalyse entsteht CO2, das mit der Methode des Direct Air Caputre aus der Luft entnommen werden kann.

Phase 1: CO2 aus der Umgebungsluft wird mittels ab- oder adsorbierender Substanzen am Filter gebunden, sodass der Luft das Treibhausgas entzogen wird.
Phase 2: Der gesättigte Filter wird ausgetauscht.
Phase 3: Das gewonnene CO2 wird mittels Temperature Swing vom Filter gelöst und konzentriert. Es kann bspw. in Gewächshäusern genutzt werden, um das Pflanzenwachstum zu erhöhen.
Phase 4: Der Filter steht für einen neuen Zyklus bereit.

Modultypen und Baukastensystem

Nutzungstypen

Je nach Standortbedarfen werden die Modultypen addiert und zusammengesetzt.

Herzstück des Entwurfs sind die Reparaturstelle und die Möglichkeit des Bike-Sharings. Nach dem Motto „Nutzen statt Besitzen“ kann ein E-Bike geliehen werden, das beim Abstellen wieder geladen wird. Denkbar sind für die Zukunft verschiedene andere Fahrradtypen, um das Auto langfristig zu ersetzen.

Cycle For Future bietet außerdem Schatten und Schutz vor der Witterung, sodass die Nutzung auch unter widrigen Wetterbedingungen gut möglich ist.

Entwurfsprinzipien für das Stadtmöbel

Ansicht am Standort Berliner Ring
Grundriss am Standort Berliner Ring